KLASSENKAMPF STATT WELTKRIEG

Der Auftakt

Berlin, Kanzleramt, 2.Mai 2010, gegen 11 Uhr, Kanzleramt. Es wird gewünscht, daß Angela Merkel heute zu einer Reise in drei Länder aufbricht. Das eine ist ihre Heimat, die ehemalige DDR. Die anderen beiden sind die Tschechische Republik und Polen.

Nach Berlin zurückkehren soll sie am 9.Mai, der in Moskau immer noch als Tag des Siegs über den Hitlerfaschismus gefeiert wird. Die Kanzlerin weiß, was von ihr erwartet wird. Sie soll ihre Reise in drei Länder auf einer Rakete unternehmen, die jetzt zusammen mit ein paar LKWs vor ihrem Amt angekommen ist. Die Polizei hat es so abgeriegelt, daß es kein Hereinund Herauskommen gibt. Aber sie kommt! (Überraschenderweise aus Richtung Hauptbahnhof, mit einem kleinen Köfferchen in der Hand.) Und strebt der Rakete zu, die eine Nachbildung der legendären V2 ist. Im Maßstab 1:2. Sonst könnte sie nicht auf ihr Platz nehmen. Sie tut es, mit Hilfe eines dickbäuchigen Herrn, der sich dazu von der Gasflasche entfernt, die er in Händen hält. Kaum hat die Kanzlerin auf der Rakete Platz genommen, geht dieser Herr wieder auf seinen Platz und dreht die Gasflasche auf. Die Rakete faucht, und Angela Merkel versucht dem feuerspeienden Heck auf der Rakete nach oben zu entkommen. Der Herr wird vorsichtiger, dreht den Hahn der Gasflasche wieder zu, und Angela Merkel kann wieder nach hinten rutschen. So geht es zum Reichstag, auf dessen Rampe sie sich von der Rakete herab von ihrem Volk verabschiedet, und von dort nach Leipzig, der ersten Station ihrer Reise.

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ZUR ROUTE DES ZUGS
"Klassenkampf statt Weltkrieg"

Deutsche "Heldenstädte"

Sonntag und Montag, 2. und 3.Mai. Von Berlin zieht der Zug nach Leipzig und von dort nach Dresden. Von Berlin ging der letzte Weltkrieg aus und fand in der Bombardierung Dresdens einen seiner Höhepunkte. Leipzig wurde wegen der Liquidierung des anderen Deutschland als "Heldenstadt" bezeichnet. Auf den vorangegangenen Demonstrationen wurde die schwarzrot- goldene Fahne mit dem Hoheitszeichen der BRD gezeigt, ebenfalls auf Schwarz-rot-gold Deutschland in den Grenzen von 1937, also mit dem ganzen westlichen Teil von Polen - und die Reichskriegsfahne. Die "Helden" werden nicht müde. Wir aber auch nicht. Und ziehen morgen weiter, um die Tschechische Republik und Polen vor dem "wiedervereinten Deutschland" zu warnen.

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Auch ein "deutscher Schicksalsstrom"

Dienstag und Mittwoch, 4. und 5. Mai. Gemeinhin gilt der Rhein als deutscher Schicksalsstrom. Er ist aber beileibe nicht der einzige. Bildet der Rhein über weite Strecken die umkämpfte Grenze zwischen Frankreich und Deutschland, so verlief die ebenfalls umkämpfte Grenze zwischen der Tschechoslowakei und Deutschland quer über die Elbe. Ihre Quelle liegt, wie nicht nur Adolf Hitler sich ausdrückte, in der "Tschechei", nahe der Grenze zu Polen, und sie heißt nicht Elbe, sondern Labe. Mit dem "Münchner Abkommen" von 1938 wurde das von ihr durchflossene tschechoslowakische Grenzgebiet von Deutschland annektiert und unter Gauleiter Konrad Henlein zum "Reichsgau Sudentenland". Genau dorthin zieht der Zug "Klassenkampf statt Weltkrieg". Von Dresden aus erreicht er die Elbe, überquert sie bei Bad Schandau und fährt entlang des tief ins Gebirge eingeschnittenen Stroms in die heutige Tschechische Republik.1 In der Stadt Decin macht er Halt und erinnert an die Geschichte ("Nie wieder Münchner Abkommen"), in der - nur wenige Monate nach der Annexion erst des Sudetenlands und dann der "Resttschechei" samt der "Goldenen Stadt" Prag, der nach Ansicht mancher die "deutscheste" Stadt im Ausland2 - der Überfall auf Polen folgte, das sich im Gefolge des "Münchner Abkommens" noch ein Stückchen tschechischen Territoriums geschnappt hatte. Wie wird der Zug weiterfahren? Wird er nach links abbiegen und über das Dörfchen Lückendorf in das Dreiländereck Zittau einfahren.3 Oder wird er bei der "Elbe" bleiben - und nach 2 oder 3 Dutzend Kilometern mehr die "Moldau"4 und Prag erreichen und eine große Vorstellung auf dem "Wenzelsplatz" geben?5 Und am nächsten Tag nach Zittau aufbrechen? Wir wollen nach Prag!


1 Sollte das LKW-Fahrverbot, das die BRD-Seite für die Grenze erlassen hat, trotz Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung (der laut Auskunft von BRD-Polizeibeamten beim Landratsamt Pirna einzureichen wäre) auch für uns aufrechterhalten werden (obwohl Omnibusse ohne Kontrolle die Grenze passieren!), benutzt der Zug den großen Grenzübergang Zinnwald und fährt von dort über Teplice nach Prag. (Berührt dabei aber nicht die Elbe!)

2 Im Zweifelsfall führen sie Franz Kafka an. Man kann natürlich viel mehr nennen. Aber ob die "deutsch" waren? Andererseits: In Prag wurde die "Freie Deutsche Jugend" (FDJ) ins Leben gerufen! Außerdem übrigens in London. Aber dahin kann der Zug "gottseidank" ja (noch) nicht fahren.

3 Sollte der Zug vor Lückendorf gestoppt werden, weil die tschechische Seite nur LKWs bis 3,5 Tonnen zuläßt, bleibt er dort stehen und kann schließlich Weg über den Grenzübergang in Zittau nehmen. Von Lückedorf ist es allerdings erheblich näher zu den Jugendherbergen Jonsdorf und Waltersdorf im Zittauer Gebirge, wo Hitler in Oybin den Großmufti von Jerusalem untergebracht hatte.

4 Deren Lied kennt ja "jeder": " ... Drei Kaiser liegen begraben in Prag ..."

5 Von Dresden nach Prag sind es 144 km Landstraße, über Decin 158. Von Prag nach Zittau 123 km. Für Prag spricht, daß dort alle wichtigen Medien Vertretungen haben und unsere Rakete so großes Aufsehen erregen kann, daß auch in der BRD über unseren Zug und seine Weiterfahrt nach Polen berichtet wird.

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Das Kraftwerk

Donnerstag, 6.Mai. In Zittau geht es über den Grenzübergang nach Polen. Keine Grenzanlagen und Kontrollen. In Polen fahren wir auf einer geraden Straße, einer Art Panzerstraße. Links von uns die Neiße. Rechts ein riesiges Tageabbaugebiet (wohl für Braunkohle). Nach einer Weile am rechten Straßenrand eine lange Schlange von LKWs. Plötzlich tauchen am Horizont riesige dampfende Kühltürme auf, und dann ist das gigantische Kraftwerk zu sehen, so groß, wie ich noch nie eines sah. Namens Turow. Ein Denkmal der volksdemokratischen Vergangenheit Polens. Die ganze Ortschaft Turoszow besteht eigentlich nur aus diesem Kraftwerk. Weiter geht es nach Zgorzelec und über die Neiße gleich ins deutsche Görlitz. In Görlitz gibt es die schönste Jugendherberge, die ich gesehen habe. Eine riesige Gründerzeitvilla, die 1975 von der DDR zur Jugendherberge gemacht wurde. Und ab diesem Herbst keine mehr sein soll.

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Der Polenmarkt

Freitag, 7.Mai. Von Görlitz aus fährt der Zug auf der deutschen Seite der Neiße, über Niesky, das auf Sorbisch "Niska" heißt. Bis er sich in Bad Muskau entschließt, wieder auf die polnische Seite zu wechseln. Und erlebt das Gegenteil des Kraftwerks, das er einen Tag zuvor sah. Das, was sie "Polenmarkt" nennen. Eine Bude nach der anderen, mit billigem Krimskrams, wegen dem die Deutschen scharenweise über die Grenze kommen. In Bademeusel wechselt der Zug nochmal die Seiten und fährt auf der deutschen entlang der Neiße. Kurz vor Guben, das früher als Zusatznamen den Namen des ersten Präsidenten der DDR trug, wechselt der Zug wieder über die Neiße zu der polnischen Stadt, die früher ein Teil von Guben war: Gubin.

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Die Fähre

Samstag, 8.Mai. Von Gubin fährt der Zug ein Stück ins Innere von Polen (Straße 138). Bis ihm ein breiter Fluß den weiteren Weg zu Land versperrt. Es ist die Oder, deren nördlicher Teil zwischen den Alliierten der Anti-Hilter-Koalition unstrittig die Westgrenze des neuen Polen markierte. Während die Neiße, die von der Oder aufgenommen wird, erst durch die UdSSR zum weiteren Teil der Westgrenze Polens wurde.6 Die Fähre an der Oder kann nur ein bis zwei Wagen des Zugs transportieren. So daß die ganze Überfahrt ihre Zeit braucht. Auf der anderen Seite der Oder kommt der Zug an einer großen Schule vorbei, vor der er Halt machen sollte. Dann erreicht er schließlich Slubice, das bis 1945 ein Teil von Frankfurt (Oder) war. Und hält eine Kundgebung auf dem Platz ab, auf dem ein Denkmal an die Befreiung Polens im Großen Vaterländischen Krieg der UdSSR erinnert.


6 Churchill hatte eine andere Neiße im Sinn, eine, die auch in die Oder mündet, aber 200 km weiter östlich!

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Die untergegangene Stadt

Sonntag, 9.Mai. Bis auf die Übernachtung und eine eventuelle Kundgebung am Vortag in Frankfurt/Oder bleibt der Zug weiter auf polnischer Seite (auf der 31) und erreicht das ehemalige "Küstrin". Und findet es nicht. Denn "Küstrin" ist eine im wahrsten Sinne des Wortes untergegangene Stadt. Es wird auch als "Pompeji an der Oder" bezeichnet. Während der Kämpfe am Ende des Zweiten Weltkrieges im Februar 1945 wurde die zur Festung erklärte Stadt von der Roten Armee der UdSSR als Brückenkopf eingenommenen. Die Altstadt wurde schwer zerstört und nach Kriegsende dem Erdboden gleichgemacht. Sie wurde nicht wieder aufgebaut und ist heute unbewohnt.7 Daneben entstand das moderne "Kostrzyn". Es ist die letzte polnische Stadt, die der Zug erreicht. Anschließend überquert er die Oder und nimmt nach der Grenzübergangsstelle den Weg der Roten Armee (auf der B1). Vor Seelow folgt er dem in den Ort weisenden Schild und verläßt die Bundesstraße, um das Museum zu erreichen, das an die Schlacht um die Seelower Höhen erinnert. Danach fährt er wieder auf der Bundesstraße bis nach Berlin, das nach einem Dritten Weltkrieg wohl auch eine untergegangene Stadt sein dürfte.


7 Der Zugang zum Altstadtgebiet ist derzeit nur von Osten über das Gelände der ehemaligen (in den 1920er- Jahren abgebauten) Festungsmauern und Bastionen möglich. Hier wurden in den 2000er-Jahren das Hotel Bastion, eine Tankstelle (die in ihrer Gestaltung an das Zorndorfer Tor erinnern soll) und ein längerer Gebäuderiegel gebaut. In der Altstadt wurden 2009 Straßenschilder sowie an markanten ehemaligen Gebäuden (z. B. am Schloss, an der Marienkirche) Hinweistafeln in polnisch und deutsch aufgestellt, die über das jeweilige Gebäude Auskunft geben. Ergänzt werden diese Tafeln mit einem Bild des Gebäudes vor seiner Zerstörung. Im Berliner Tor ist heute eine Touristeninformation eingerichtet, in der unter anderem kostenfreie Kurzführer einschließlich Stadtplan angeboten werden. Auf der Bastion König wurde nach 1945 von der Sowjetunion ein Ehrenmal für gefallene sowjetische Soldaten nach Plänen von Lew Kerbel errichtet. Der auf einem erhöhten Fundament stehende, von einem Geschütz flankierte und mit einem Sowjetstern gekrönte Obelisk wurde im November 2008 demontiert, das Geschütz im April 2009 entfernt. Auf der Bastion König wurde nach dem Krieg rund um das Ehrenmal ein sowjetischer Soldatenfriedhof angelegt. Gegen den Protest Russlands plant Polen die Exhumierung der Gefallenen und deren erneute Beisetzung in einem Massengrab auf dem Neustädter Friedhof. Begründet werden Ehrenmaldemontage und Friedhofsverlegung von Polen mit der Baufälligkeit des Denkmals und der geplanten Restaurierung der Bastion König. (Quelle: Wikipedia.)

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2011

Seine Generalprobe hatte der Aktionszug "Klassenkampf statt Weltkrieg" am 8. Mai vorigen Jahres in Berlin, wo er von Claus Peymann und einer Abordnung des "Berliner Ensemble" begrüßt wurde. Am 8. Mai dieses Jahres soll er, wieder mit der Kanzlerin in einer ungemütlichen Position auf der Rakete, Berlin verlassen, über Leipzig, die "Heldenstadt" der Annexion der DDR, und Dresden, wo die neuen Nazis wieder "volkstrauern" dürfen, nach Prag ziehen, das sich die alten Nazis samt der ganzen Tschechoslowakei nach dem Sudetenland am Vorabend des 2. Weltkriegs holten. Dort soll er am 10. Mai eintreffen und am Tag darauf die Tschechische Republik verlassen, an der Grenze zu Zittau, in dessen Umgebung der "Großmufti von Jerusalem" als Gast von Adolf Hitler samt Gefolge den Weltkrieg verbrachte. Dann weiter zur Oder-Neiße-Grenze zu Polen, die er mal auf westlicher, mal auf östlicher Seite entlang fährt, bis der Zug am 13. Mai in Slubice erwartet wird, das bis 1945 ein Stadtteil von Frankfurt/Oder war. Dort wendet er sich in das Innere Polens und nimmt über POZNAN (das frühere Posen, wo der Hühnerzüchter Himmler die "Ehre" des millionenfachen Mords predigte) und BYDGOSZCZ (wo die Nazis grausame Vergeltung für den Widerstand der Bevölkerung übten) Kurs auf GDANSK, das frühere "Danzig", das Hitler zum Anlaß für den Weltkrieg nahm und das der Zug am 17. Mai erreicht. Dort allerdings wird der Zug von der Roten Armee der Sowjetunion beschlagnahmt und über die Seelower Höhen auf dem Weg der Roten Armee zurück nach Berlin geschickt, wo er am 22. Mai beim Sowjetischen Ehrenmal sein Ende nimmt. Alles Städte, die längst nicht mehr nur an die Vergangenheit mahnen. Sondern, wenn sie sich wie die der annektierten DDR nicht schon in seiner Hand befinden, vom deutschen Imperialismus wieder bedrängt werden.

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Buchtitel Im Jahre 2006 konnte nach dreijährigem Bemühen und Dutzenden Verboten zum 61. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus zu Lande, zu Wasser und in der Luft die Anti-Kriegs-Aktion "Das Begräbnis oder die HIMMLISCHEN VIER" stattfinden. Vorausgegangen waren 16 Jahre Kampf um den Berliner Reichstag, der am 13. Mai 2006 von Erfolg gekrönt war. Die Hauptakteure sind Weltkriegs- Teilnehmer aus Frankreich, Großbritannien, der UdSSR und den USA sowie sowjetische Panzer, ein toter deutscher Soldat und ein Krokodil. Die Aktion ist zugleich ein Volksmärchen. Sie zeigt etwas, was es in dieser Form nicht gab. Und uns deshalb zum Handeln auffordert.

Das Buch dazu enthält: 50 Seiten Bilder / Die Reden der Himmlischen Vier und aller anderen / Die juristische Chronik. Ca. 200 Seiten. 20 Euro.
Film auf DVD

Die DVD ist für 12 Euro überall erhältlich, wo es dieses Buch gibt.

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